Martin

Lieber Martin,

Als Du geboren wurdest, schien in Elm, der Heimat Deiner Mutter, die Sonne durch das sog. Martinsloch hindurch. Wie Du uns einmal erzählt hast, gaben Dir deshalb Deine Eltern den Namen Martin, und auch, weil Dein Vater an den Ritter Martin dachte, der am Basler Münster zu sehen ist, wie er seinen Mantel teilt. Welch tiefe Bezüge zu Deinem inneren Wesen lassen sich in diesen Symbolbildern erkennen!

In Deinem Vortrag vor einem halben Jahr bei der Jean Gebser Gesellschaft in Bern hast Du mit Deiner Ausstrahlung – wie so viele Male –  unsere Herzen erwärmt und uns begeistert für eine erdverträgliche Lebensweise und planetare Ethik. Dabei hast Du aus Jean Gebsers Essay Auf der Suche nach dem neuen Bewusstsein wesentliche Punkte zitiert, die Dir wichtig schienen, und deshalb seien Sie hier nochmals erwähnt:

„…anstelle des Machtstrebens  –  tritt Hingabe und echte Liebesfähigkeit
anstelle der Manipulation –  tritt das Gewährenlassen der fügenden Kräfte
anstelle dualistischer Gegensätze –  tritt  Polarität, Ergänzung, Transparenz
anstelle der Vorurteile –  tritt der Verzicht auf Werturteile, tritt Toleranz
anstelle des Zweck- und Zieldenkens –  tritt Absichtslosigkeit
anstelle der Hektik –  tritt die Stille und das Schweigenkönnen
anstelle des quantitativen Leerlaufs –  tritt das qualitative, geistige Geschehen.“

Jean Gebser, Auf der Suche nach dem neuen Bewusstsein

Eine halbe Stunde vor Deinem Unfall bekamen wir (bezüglich des politischen Wahlergebnisses vom Sonntag davor) noch einen Mailgruss von Dir, worin Du uns antwortetest: „…Es ist gut, wie es ist. … und ich kann erst noch meine Freiheit behalten und unbelastet auf andere Weise weiterwirken.“  Ja, Du wirst „auf andere Weise weiterwirken“, davon sind wir überzeugt, und das gibt uns Trost.

Auf Wiedersehen, Du goldener Sonnenbruder Martin